FOLLOW UP 2014

03. Juni – 01. Juli 2014
PricewaterhouseCoopers AG Düsseldorf

Michael Dekker. White Chamber
von Dr. Stefanie Lucci 

Michael Dekker entwickelt seine Arbeiten konsequent weiter. Sie schlussfolgern sich quasi aus sich selbst und veranschaulichen auf sinnlicher Ebene die vernetzten Denkstrukturen des Bildhauers. Sein Thema hat er gefunden: Dekkers Arbeiten greifen in ihrer Form und Dynamik elementare geologische Aspekte aus der Natur auf. Die gewaltige Kraft, die von monumentalen Gesteinsformationen sowie tektonischen Prozessen des Erdinnern ausgeht, wird von ihm forschend untersucht. Dabei bricht er den ursprünglichen Sinnzusammenhang, indem er Formen und Materialien aus unserer industriell und architektonisch-urban geprägten Welt einbringt. Mittels dieser Interventionen nimmt er fragend Bezug auf unsere Gesellschaft.

Die Form- und Stoffzusammenhänge der Skulpturen spielen dabei sowohl auf innere psychische Prozesse an wie auch auf interpersonelle Beziehungen und im weiteren Sinne auf Sozialstrukturen der Gegenwart. Beispielhaft steht dafür die Installation „White Chamber“, die sich ursprünglich einem Bühnenbild für Shakespeares Hamlet verdankt, das Dekker 2012 in Form einer monumentalen Installation umsetzte. Dekker nutzte hierfür ein Stahl-Baugerüst, das durch chaotisch brachial wirkende Holzstrukturen vereinnahmt wurde. Im Kontext der Theaterinszenierung spielte dieser Formzusammenhang auf die inneren Qualen und Zweifel Hamlets an. 

In einem weiteren Schritt wurde die Skulptur von Dekker neu gefasst und 2013 frei stehend in der großen Eingangshalle von PwC präsentiert. Dekker griff dabei die umgebende Architektur auf, die in der Installation gespiegelt wurde und sich derart in ihren Formzusammenhängen dem Betrachter neu erschloss. Neben diesen formalen, ortspezifischen Aspekten schlug die Installation auch eine neue inhaltliche Brücke: die vereinnahmenden Holzstrukturen spielen auf Dissoziativstrukturen der heutigen Gesellschaft an.

In der heutigen Fassung ist das Stahlgerüst verschwunden. Die weißen Holzleisten evozieren in ihrer Zusammenfügung anthropomorphe Formen, womit sich inhaltlich ein Rückbezug zu der Ursprungsfassung des Hamlet erschließt. Zugleich lenkt uns der Titel der Installation „White Chamber“ wiederum zu architektonischen Fragestellungen wie Innenraum und Umraum. Dekkers Installation wirkt wie ein Auflehnen gegen das Cleane, Glatte, Unpersönliche, das unsere derzeitige Architektur wie auch Stadtplanung prägt. Das kalte Licht der Leuchtstoffröhre scheint in diesem Zusammenhang wie ein Reflex auf die innere psychische Befindlichkeit zu sein, die sich zwangsläufig in solchen Umgebungen einstellt. So zeigen sich auch in „White Chamber“ Dekkers wache, sozialkritische Beobachtungen, die er in seinen Skulpturen zur Diskussion stellt.

Das veranschaulichen auch schon seine frühen Bronzeskulpturen aus den Jahren 2010 und 2011, in denen Dekker geologische Formen industriell gefertigten entgegen setzt und derart grundsätzliche gesellschaftliche Fragestellungen artikuliert.

Auszug aus: Dr. Stefani Lucci, 2014: FOLLOW UP 2014, Aktuelle Positionen aus dem Rundgang der DüsseldorferKunstakademie, S. 26, Ausstellungskatalog, Hrsg.: PricewaterhouseCoopers AG Düsseldorf